RSV-Impfstoff Nirsevimab: Meilensteine des Entwicklungsprozesses
Originalpublikation: Keam SJ. Nirsevimab: First Approval. Drugs 2023. doi: 10.1007/s40265-022-01829-6
Eine Ansteckung mit dem Respiratorischen-Synzytial-Virus (RSV) geht bei Kindern mit leichten Erkältungssymptomen einher, kann aber bei Neugeborenen im schlimmsten Fall zu schweren Infektionen der unteren Atemwege führen. Da betroffene Patienten in diesen Fällen nicht selten stationär behandelt werden müssen und eine erhöhte Sterblichkeitsrate zeigen, gilt die EU-Zulassung des RSV-spezifischen Impfstoffes Nirsevimab im November 2022 als Meilenstein auf dem Weg zur nachhaltigen RSV-Infektionsprävention.
Autorin Susan Keam hat sich in diesem Kontext eingehend mit dem Entwicklungsprozess von Nirsevimab beschäftigt und fast im Rahmen eines Einsichtsreports seine wichtigsten Schritte zusammen. Nirsevimab wurde dabei von den beiden Pharmakonzernen AstraZeneca und Sanofi entwickelt, und kann seit der EU-Zulassung am 3. November 2022 und einer Zulassung in Großbritannien am 7. November 2022 in diesen Ländern unter dem Handelsnamen Beyfortus bezogen werden.
Auf Wirkstoffebene handelt es sich bei Nirsevimab um einen langwirksamen intramuskulären rekombinanten neutralisierenden humanen monoklonalen IgG1κ-Antikörper gegen die Präfusionskonformation des F-Proteins des RS-Virus, der mit dem Ziel einer verlängerten Serumhalbwertszeit durch eine dreifache Substitution von Aminosäuren in der Fc-Region erfolgreich modifiziert werden konnte. Diese verlängerte Halbwertszeit ermöglichte schließlich eine Verabreichung des Antikörpers in Form einer Einzeldosis vor der klassischen RSV-Saison im Herbst und Winter zur Primärprävention RSV-bedingter Infektionen der unteren Atemwege während folgender RSV-Erkrankungswellen.
Noch keine STIKO-Empfehlung
Aktuelle Dosierungsempfehlungen beinhalten die Verabreichung einer Einzeldosis von 50mg Nirsevimab für Säuglinge und Kleinkinder bis zu einem Körpergewicht von 5kg, sowie eine einfache Vakzinierung mit einer Dosis von 100mg bei Kleinkindern mit einem Körpergewicht oberhalb der 5kg-Marke. In Hinblick auf das Timing einer präventiven Impfung wird nicht nur eine entsprechende Behandlung vor der klassischen RSV-Saison, sondern – im Falle einer Geburt während der Saison – auch direkt nach der Geburt empfohlen. Und sollten seit der ersten Impfung bereits 90 Tage vergangen sein, könne vor der nächsten Welle eine erneute Impfung mit einer Dosierung von 50mg unabhängig vom aktuellen Körpergewicht erfolgen.
Der Prozess der Impfstoffentwicklung erstreckte sich über viele Jahre mit ersten Phase-1/2-Studien mit gesunden Frühgeborenen im Herbst 2016 über diverse Auszeichnungen im internationalen Maßstab um 2020 bis hin zur jüngsten Zulassung in Großbritannien und der Europäischen Union. Nirsevimab konnte bis heute in verschiedenen methodisch hochwertigen Studien mit großen Patientenkollektiven neben einer deutlichen Wirksamkeit zur Verhinderung RSV-bedingter Infekte der unteren Atemwege auch durch ein akzeptables Sicherheitsprofil überzeugen, wird aber darüber hinaus bis heute in groß angelegten und noch andauernden Phase-2/3-Studien, wie beispielsweise der MELODY- und der MEDLEY-Studie, untersucht.
Eine offizielle Empfehlung zur Impfung von Säuglingen und Kleinkindern mit RSV-Impfstoffen von der Ständigen Impfkommission (STIKO) in Deutschland wurde bislang noch nicht ausgesprochen. Mit Stand Juli 2023 befinde sich das Thema aber aktuell bei der STIKO in aktiver Bearbeitung.
Fazit:
Der humane monoklonaler IgG1ĸ-Antikörper Nirsevimab wurde gegen die Präfusionskonformation des F-Proteins des Respiratorischen-Synzytial-Virus (RSV) entwickelt und soll nach seiner EU-Zulassung im November 2022 RSV-bedingte Infektionen der unteren Atemwege bei Säuglingen während ihrer ersten RSV-Saison verhindern. Nirsevimab wurde von den Pharmakonzernen AstraZeneca und Sanofi entwickelt, ist unter dem Handelsnamen Beyfortus erhältlich und wird weiterhin in multizentrischen Studien untersucht.
Quelle:
Keam SJ. Nirsevimab: First Approval. Drugs 2023. doi: 10.1007/s40265-022-01829-6
Publikationsdatum: 29. November 2023 (online)
Autor Studienreferat: Dipl.-Psych. Annika Simon, Braunschweig