Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) verursacht weltweit jedes Jahr rund 120000 Todesfälle im Kindesalter. Etwa die Hälfte der Betroffenen sind jünger als 6 Monate. Eine Präventionsstrategie setzt auf die Impfung der Mutter während der Schwangerschaft und den Nestschutz der Neugeborenen durch transplazentar übertragene virusneutralisierende Antikörper. Ein US-Forscherteam berichtet erste Ergebnisse eines entsprechenden Impfstoffkandidaten.

Die bivalente RSVpreF-Vakzine induziert virusneutralisierenden Antikörper, die das RSV-Fusionsprotein in der Präfusionsstruktur angreifen, erläutern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Im Rahmen einer zum Zeitpunkt der Datenanalyse noch andauernden randomisierten, placebokontrollierten Phase-IIb-Studie, an der sich Zentren in den USA, Chile, Argentinien und Südafrika beteiligen, verabreichten sie Schwangeren im späten 2. und 3. Trimenon, im Gestationsalter zwischen 24 und 36 Schwangerschaftswochen, den Impfstoff in verschiedenen Dosen (120 bzw. 240 μg) sowie mit und ohne Aluminiumhydroxid-Adjuvantierung. Nun berichten sie die Ergebnisse einer geplanten Interimsanalyse zur Sicherheit und Immunogenität des Impfstoffs sowie zum transplazentaren Transfer RSV-neutralisierender Antikörper. Ihre Analyse beschränkt sich dabei auf Daten von Schwangeren aus den USA, die zwischen August und November 2019 geimpft und deren Kinder während der RSV-Saison 2019/2020, vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie, nachbeobachtet worden waren. In einer Explorativanalyse gingen die Forschenden zudem der Frage nach, wie gut die Impfung die Kinder vor einer RSV-Infektion der unteren Atemwege schützt.

Ergebnisse

Das Studienkollektiv umfasst 406 Mütter und 403 Kinder. 327 Frauen (80,5%) hatten die RSVpreF-Vakzine erhalten, die übrigen 79 dagegen ein Placebo. Die Mehrheit der innerhalb von 7 Tagen nach der Impfung beobachteten Lokalreaktionen wie Schmerzen, Rötung oder Schwellung an der Injektionsstelle waren leichter oder mäßiger Ausprägung, wobei Schwangere, welche den adjuvantierten Impfstoff erhalten hatten, diesbezüglich häufiger betroffen waren als Schwangere, welche die aluminiumhydroxidfreie Vakzine erhalten hatten. Im Hinblick auf die meist leichten bis mäßigen systemischen Reaktionen unterschieden sich die Studienarme nicht. Einzige Ausnahme: Muskelschmerzen traten in den Verumgruppen häufiger auf. Auch die Inzidenz unerwünschter Ereignisse bei den Müttern und den Kindern, die über einen Zeitraum von einem Jahr dokumentiert wurden, war in den Vakzin-Armen und dem Placebo-Arm ähnlich. Diese Ereignisse entsprachen in Art und Häufigkeit der Hintergrundinzidenz und keines der Ereignisse stand nach Einschätzung der Forschenden in Zusammenhang mit der Impfung. Serologische Untersuchungen bestätigten, dass die mit der RSVpreF-Vakzine geimpften Mütter zum Entbindungszeitpunkt, etwa 7 Wochen nach der Impfung, ausreichende Titer neutralisierender Antikörper gegen RSV A und RSV B gebildet hatten. Diese Antikörper wurden transplazentar auf die Kinder übertragen, wobei die Impfstoffe ohne Aluminiumhydroxid diesbezüglich im Vorteil waren. Bei den mit der RSVpreF-Vakzine geimpften Müttern hatte das Gestationsalter zum Impfzeitpunkt weder einen Einfluss auf die Antikörpertiter im Nabelschnurblut noch auf die transplazentare Antikörper-Transferrate. Eine erste Auswertung von Daten zur Wirksamkeit der Impfung zeigte: Die RSVpreF-Vakzine schützte die Kinder zu 84,7% gegen eine ärztlich behandlungsbedürftige und zu 91,5% gegen eine schwere RSV-Infektion der unteren Atemwege.

Fazit

Die RSVpreF-Vakzine, so das Fazit der Forschenden, hat ein akzeptables Sicherheitsprofil und induziert bei den Müttern die Bildung neutralisierender Antikörper, welche anschließend in relevantem Umfang auf das ungeborene Kind übertragen werden. Sie gehen davon aus, dass die Impfung die Kinder innerhalb der ersten 6 Lebensmonate wirksam vor einer RSV-Infektion schützt. Mit Spannung erwarten sie diesbezüglich die Ergebnisse einer noch andauernden Phase-III-Untersuchung.

Quelle:

Sicherheit, Immunogenität und Wirksamkeit der RSV-Impfung in der SchwangerschaftZGN – Zeitschrift für Geburtshilfe und Neonatologie 2022; 226(04): 223 – 224. doi:10.1055/a-1869-8436

Simões EAF. et al. Prefusion F Protein-Based Respiratory Syncytial Virus Immunization in Pregnancy. N Engl J Med 2022; 386: 1615-1626

Publikationsdatum: 23. August 2022 (online)

Autorin: Dr. med. Judith Lorenz, Künzell